Sprachentwicklungsstörung
Eine Sprachentwicklungsstörung (SES) tritt zu Beginn oder während der Entwicklung eines Kindes auf und kann bis ins Jugend- und Erwachsenenalter bestehen bleiben. Das Sprachverständnis, der Lauterwerb (die Artikulation oder Phonetik/Phonologie), der Wortschatz (das Lexikon und die Semantik), die Grammatik (die Morphologie), der Satzbau (die Syntax) und die Kommunikation können betroffen sein.
Eine SES tritt sowohl bei einsprachig als auch bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern auf. Bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern zeigt sich die Störung in allen erworbenen Sprachen.
Kinder entwickeln sich in ihrem eigenen Tempo. Dennoch gibt es Richtwerte, die bei der Einordnung und Orientierung helfen, ob ein Kind sprachlich altersgerecht entwickelt ist. Mit etwa 2 Jahren sollten die Kinder etwa 50 Wörter sprechen, mit etwa 3 Jahren sollte das Verb korrekt konjugiert werden und an der richtigen Stelle im Satz stehen. Kinder sollten mit 3 Jahren von Fremden verstanden werden und die wichtigsten grammatischen Regeln (Mehrzahl, Zeitformen, Veränderung des Artikels) erworben haben.
Symptome einer SES sind vielfältig. Sie zeigen sich von Auffälligkeiten in der Artikulation (dem Ersetzen eines Lautes durch einen anderen, z.B. von k zu t), über einen reduzierten Wortschatz, Schwierigkeiten im Satzbau (oft steht das Verb nicht an der richtigen Position im Satz) bis hin zu einer auffälligen Grammatik (falscher Gebrauch der Mehrzahl, der Zeitformen, des Artikels u.v.m.).
Zu Beginn der Therapie werden bei einer Diagnostik die Bereiche festgestellt, in denen das Kind sprachlich nicht altersgerecht entwickelt ist. Anschließend werden individuell Therapieschwerpunkte festgelegt und gemeinsam mit der Familie besprochen. Die auffälligen Bereiche werden dann mit Bildkarten, Realgegenständen, Regelspielen, Bausteinen, computerunterstützt, kindgerecht und altersentsprechend bearbeitet. Verschiedene Therapieprogramme, die sich über die Jahre bewährt haben, werden herangezogen, um Entwicklungsfortschritte zu erreichen. Wichtig sind dabei aber immer der Spaß, die Motivation und Freude am Lernen.
Late Talker
Late Talker sind „Spätsprecher“. Kinder, die um ihren 2. Geburtstag deutlich weniger als 50 Wörter sprechen und keine Zweiwortäußerungen bilden können, während der allgemeine Entwicklungsstand ansonsten unauffällig ist, gelten als Late Talker. Eine Hörstörung, tiefgreifende Entwicklungsstörungen oder eine allgemeine Intelligenzminderung sollten als Ursache ausgeschlossen werden. Etwa ein Fünftel aller Kinder sind Late Talker, wobei ein Drittel dieser Kinder den sprachlichen Rückstand bis zum 3. Geburtstag aufholt (sog. Late Bloomer/ „Spätblüher“). Bei den übrigen Kindern bleibt die Sprachverzögerung bestehen und es drohen eine Sprachentwicklungsstörung (SES) und weitere Probleme beim Sprach- und Schriftspracherwerb.
Dysgrammatismus
Ein Dysgrammatismus bezeichnet eine Teilproblematik einer kindlichen Sprachentwicklungsstörung (SES). Die Kinder sind nicht in der Lage, morphologisch und syntaktisch Sätze entsprechend ihres Alters zu bilden. Die Störung zeigt sich dann in der Sprachproduktion der Kinder wie folgt:
- Fehlende Subjekt-Verb-Kongruenz: Dem Kind fehlt das Verständnis, dass das Subjekt das Verb kontrolliert (z.B. „du schläfst“ wird zu „du schlaft“)
- Falsche Genusmarkierung: durch die Genusmarkierung wird das Geschlecht eines Nomens gekennzeichnet. Beim Spracherwerb muss diese zusätzlich in das sprachliche Lexikon übernommen werden. Wenn Kinder zu wenige Merkmale eines Wortes gespeichert haben, ist eine zielsichere Anwendung nicht möglich. So werden Artikel verwechselt oder kontant falsch verwendet („der Auto“).
- Falsche Pluralmarkierung: hier liegt eine ähnliche Problematik wie bei der Genusmarkierung vor. Auch hier muss das Kind im Laufe seines Spracherwerbs für jedes Wort dieses Merkmal erlernen, da es im Deutschen keine Regelmäßigkeit gibt. So verwendet das Kind beispielsweise „die Bäumen“ oder „die Löffels“.
- Falsche Kasusmarkierung: Der Kasus zeigt an, welche Beziehung ein Nomen im Satz hat. Verwendet das Kind einen falschen Kasus, dann wird aus „Das Kind spielt auf dem Spielplatz“ „Das Kind spielt auf der Spielplatz“
- Falsche Verbstellung im Satz: das finite Verb steht im Deutschen Aussagesatz immer an zweiter Stelle (Verbzweitstellung „ich spiele mit dem Ball“). Bei Kindern mit einem Dysgrammatismus kommt es häufig zu einer Verbendstellung („ich (mit) den Ball spielen“).
Dysgrammatismus bei Kindern betrifft Muttersprachler und Nicht-Muttersprachler. Gerade bei Nicht-Muttersprachlern ist es oft schwer zu unterscheiden, ob wirklich ein Dysgrammatismus vorliegt oder lediglich (noch) nicht ausreichend Kontakt mit der deutschen Sprache stattgefunden hat. Aus diesem Grund ist Sprachförderung wichtig und sinnvoll für die kindliche Entwicklung.
Aussprachestörung
Bei einer klassischen Aussprachstörung (phonetische Störung) wird ein Laut nicht korrekt gebildet, d.h. dass sich die Zunge nicht an der richtigen Position im Mundraum befindet. Hier sind dann oft die Laute „s“ (Sigmatismus), „sch“ (Schetismus) und „ch1“ (Chitismus) betroffen. Die Zunge drückt sich bei den Lauten oft durch die Frontzähne oder seitlich gegen die Backenzähne, so dass die Laute undeutlich klingen (umgangssprachlich: Lispeln)
Verbale Entwicklungsdyspraxie / VED
Die Verbale Entwicklungsdyspraxie (VED) ist eine Störung der Sprechbewegungsplanung bei Kindern. Das bedeutet, dass die Bewegungsplanung, -koordination und -programmierung gestört sind und die Kinder die Sprechbewegungen nicht zielgerichtet planen und ausführen können. Im Grunde wissen die Kinder genau, was sie sagen wollen; ihr Gehirn kann dies jedoch nicht an die Muskeln in den Sprechorganen weiterleiten. Infolgedessen treten Symptome, wie ein eingeschränktes Lautrepertoire (einige Laute können gar nicht gesprochen werden), inkonstante (manchmal richtig, manchmal falsch) und inkonsequente (immer wieder anders falsch) Aussprachefehler, schwer verständliche Sprache, artikulatorische Suchbewegungen und ein hohes Störungsbewusstsein auf. Die Kinder mit VED bemerken oft die Fehler beim Sprechen. Das belastet und frustriert sie sehr.
Zu Beginn der Therapie wird eine umfassende Diagnostik zur Beurteilung des Sprachverständnisses und der Sprachproduktion gemacht. Aufgrund der Komplexität des Störungsbildes VED und der Ähnlichkeit mit anderen Störungsbildern (phonetisch-phonologische Störung im Rahmen einer SES) kann die Diagnose VED manchmal auch erst im Verlauf der Therapie gestellt werden. Anschließend wird eine VED-Therapie gewählt, die ein sehr intensives Üben mit vielen Wiederholungen während der Therapie und zu Hause vorsieht. Ziel dieser VED-Therapie ist das Automatisieren der Sprechbewegungen für bestimmte Laute, Silben und Wörter. Der Erfolg dieser Therapie hängt von den regelmäßig stattfindenden Therapien (am besten 2x pro Woche) sowie vom täglichen Üben zu Hause ab.
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten
Eine Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte (LKGS) ist ein Sammelbegriff für alle Spalten oder Kerben, die während der Schwangerschaft an den Lippen, dem Kiefer und/oder dem Gaumen entstanden sind. Diese Spalten/Kerben können auf einer Seite oder auf beiden Seiten des Gesichts entstehen und sie können vollständig oder unvollständig sein.
Folgen beim Neugeborenen mit einer LKGS können infolge der fehlenden Trennung des Mundraums vom Nasenraum Probleme beim Essen, Schlucken oder Atmen sein. So fließt bespielweise die (Mutter-)Milch beim Trinken durch die Nase wieder heraus. Bei Kleinkindern kommt es zu Problemen bei der Aussprache. Sie klingen oft sehr nasal und Konsonanten werden zu schwach gebildet oder ausgelassen. Die Belüftung des Mittelohrs wird zusätzlich erschwert, so dass häufig Mittelohrentzündungen die Folge sind. Diese beeinträchtigen das Hören und behindern ebenfalls den Spracherwerb.
Eine frühzeitige Behandlung in Spaltzentren durch ein interdisziplinäres Team aus Kinderärzten, Chirurgen, Kieferorthopäden, HNO-Ärzten, Phoniatern, Pädaudiologen, Psychologen, Logopäden und Still- und Ernährungsberatern ist sehr wichtig, aber auch komplex und abhängig vom Schweregrad, Wachstum und Alter des Kindes.
Nach der ersten Versorgung mit einer Gaumenplatte, die den Spalt zwischen Mund- und Nasenraum verschließt, folgen oftmals mehrere Operationen, um die Spalte dauerhaft zu verschließen. Logopäden und Sprachtherapeuten sind oft im gesamten Prozess eingebunden. Im Säuglingsalter helfen Logopäden bei Problemen mit dem Trinken und Schlucken. Wenn die Kinder älter sind, unterstützen Logopäden bei dem Erwerb bestimmter Laute und deren Aussprache. Zusätzlich begleitet die Aussprachetherapie oft eine myofunktionelle Therapie, um die Lippen-, Zungen- und Gesichtsmuskulatur aufzubauen und zu stärken und das Näseln abzubauen.
Myofunktionelle Störungen
Unter einer myofunktionellen Störung versteht man eine Störung der Gesichtsmuskelbalance, d.h. es liegt meist eine verringerte Wahrnehmung und Koordination der Lippen-, Zungen-, Wangen- und Kiefermuskulatur vor, was häufig zu Problemen beim Sprechen und Schlucken führt. Es können beispielsweise folgende Symptome auftreten:
- Mundatmung
- Zungendruck gegen die Zähne
- herauslaufender Speichel (Sabbern)
- Zähne knirschen
- Zahnfehlstellungen
- fehlerhafte Bildung von Lauten
- falsches Schluckmuster
Oft wird nach einer ausführlichen Diagnostik in drei Bereichen bearbeitet. Es finden Übungen zur Verbesserung der oralen Wahrnehmung (z.B. durch spielerisches Ertasten von Figuren im Mundraum), Übungen zur Verbesserung der Koordination und Übungen zur Kräftigung der Muskulatur (z.B. durch Puste- und Ansaugübungen) statt. Anschließend können ggf. spezifische Übungen zum Schlucken stattfinden, um auch hier ein muskuläres Gleichgewicht und eine gute Koordination herzustellen.
Stottern und Poltern
Stottern und Poltern sind Sprachstörungen, die zwar unterschiedlich sind, aber beide Auswirkungen auf die Kommunikationsfähigkeit der Betroffenen haben. Sie zählen zu den sogenannten Redeflussstörungen, da sie den Sprachfluss der Betroffenen unterbrechen oder verändern.
Stottern ist eine komplexe Sprachstörung, die durch verschiedene Symptome gekennzeichnet ist. Kernsymptome beim Stottern sind unfreiwillige Wiederholungen von Lauten, Silben und/oder Teilworten, Dehnungen/Verlängerungen von Lauten und Blockierungen, bei denen die Sprechbewegung völlig steckenbleibt und die Atmung, Artikulation und Phonation ausbleiben. Daneben gibt es auch Symptome über die Sprache hinaus. Solche Begleiterscheinungen, wie Mitbewegungen einzelner Körperteile, Satzabbrüche, situatives Vermeiden, Angst vor dem Sprechen oder Erröten sind vielfältig.
Poltern ist eine kombinierte Sprach- und Sprechstörung, bei der die Sprechgeschwindigkeit erhöht und unregelmäßig ist und viele Sprachfehler gemacht werden. Neben dem schnellen und/oder irregulären Sprechen kommen die Unfähigkeit normale Laut-, Silben-, Phrasen- oder Pausenmuster aufrecht zu erhalten, die Wiederholungen von Silben, Wörtern und Satzteilen, die Reduktion von Lautfolgen/Wörtern sowie Lautersetzungen/Lautveränderungen hinzu, die dann zur Unverständlichkeit von Äußerungen führen.
Wir bieten eine Vielzahl an individuellen Therapieansätzen an, um Menschen mit Poltern und Stottern zu helfen. Dazu gehören vor allem Übungen zur Verbesserung der Eigenwahrnehmung, zum Erkennen und Überwinden von Symptomen, zur Verbesserung der Artikulation sowie des Sprechtempos.
Mutismus
Selektiver Mutismus wird als Angststörung definiert und beschreibt die Unfähigkeit, in spezifischen sozialen Situationen (z.B. Kindergarten/Schule) oder mit bestimmten Personen (z.B. Personen, die nicht zum engsten Familienkreis gehören) zu sprechen. Eltern erleben dafür Zuhause ein durchaus mitteilungsbedürftiges Kind, was viel spricht. Oft gibt es nicht nur eine bestimmte Ursache für das Schweigen unter bestimmten Bedingungen, meist liegt dem ein ganzes Bedingungsgefüge zugrunde. Häufig beginnt der selektive Mutismus bereits sehr früh; im Alter von 2 bis 4 Jahren zeigen sich erste Anzeichen.
Eine eingehende und umfassende Diagnostik vorausgesetzt, wird behutsam Kontakt mit dem oder der Betroffenen aufgenommen. Insbesondere zu Beginn der Therapie wird der Patient oder die Patientin nicht unter Druck gesetzt, in dem nicht zu viel gefordert wird. An dieser Stelle werden oft die nonverbalen Kommunikationsmöglichkeiten gefördert, um anschließend darauf aufzubauen und immer komplexer werdende Satzstrukturen zu erarbeiten. Hier gibt es verschiedene Therapieformen und -ansätze, um Gelegenheiten zu schaffen, in denen das Kind das mutige Sprechen üben und das nonverbale Verhalten abbauen kann. Die Eltern werden in diesem Fall oft aktiv in die Therapie eingebunden.
Auditive Verarbeitungsstörung
Eine Auditive Verarbeitungsstörung (AVS) – früher auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) – ist ein Oberbegriff für Probleme in der Verarbeitung von gehörter Sprache, die nicht durch eine Schwerhörigkeit verursacht wird. Die AVS umfasst dabei verschiedene Teilbereiche:
- Lokalisation: Aus welcher Richtung und Entfernung stammt das akustische Signal?
- Differenzierung: Sind die wahrgenommenen auditiven Stimuli unterschiedlich oder gleich bzw. ähnlich? (Unterscheidung „b“ und „d“)
- Selektion: Gelingt es, bedeutungsvolle Informationen von Umgebungsgeräuschen abzugrenzen? (Hören im Störschall z.B. im Unterricht oder bei gleichzeitigem Sprechen mehrerer Sprecher)
- Auditive Aufmerksamkeit: Gelingen die bewusste Hinwendung und Konzentration auf auditive Reize?
- Auditive Speicherung und Sequenz: Gelingt es, das Gehörte (Silben, Wörter oder Sätze) für kurze Zeit im Arbeitsgedächtnis zu behalten bzw. gelingt es, das Gehörte in einer bestimmten Reihenfolge im Arbeitsgedächtnis zu speichern?
Oft fallen Schwierigkeiten erst mit dem Schuleintritt auf, wenn die Kinder dem Unterricht schwer folgen können oder Probleme beim Lesen- und Schreibenlernen haben. Sollten jüngere Kinder bereits vor dem Schuleintritt aufgrund der AVS Probleme mit dem Spracherwerb zeigen, dann wird mit ihnen spielerisch z.B. der Wortschatz, das Reimen, erste Übungen zu Wortlängen und Silben sowie das Erkennen von Wörtern in Sätzen geübt. Bei Schulkindern werden diese Übungen erweitert. Es kommen Übungen zum Zergliedern von Wörtern in Silben und Laute, das Anordnen, Austauschen, Ersetzen von Lauten in Wörtern, das Erkennen und Unterscheiden von ähnlichen Laute sowie das Zusammensetzen von Elementen zu Wörtern u.v.m. dazu. Haben Kinder Schwierigkeiten im Störschall, so können spezielle Hörhilfen (sog. FM-Anlagen) eingesetzt werden, die die Stimme des Lehrers verstärken.
Kristin Fechter & das Team
der Praxis
Sprechzeit · Lernzeit
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